Die Nationale Verfassung der Paraguayischen Republik erklärt in ihren Artikeln 62 und 63, dass den indigenen Völkern das Recht zuerkannt wird, ihre ethnische Identität in ihrem jeweiligen Lebensraum zu erhalten und zu entwickeln. Die Gesetze N°904/81 (Statut der indigenen Siedlungen) und N°234/93 (Internationales Abkommen N°169 über indigene Völker in unabhängigen Ländern) unterstreichen dieses, indem sie festhalten, dass den indigenen Völkern die soziale und kulturelle Erhaltung und die Verteidigung ihres Erbes und ihrer Traditionen zugesprochen werden. Um dieses zu ermöglichen, wird unter anderem der Tag des amerikanischen Indigenen gefeiert, der laut dem nationalen Sekretariat für Sprachpolitik zum Ziel hat, die Indigenen Kulturen des ganzen amerikanischen Kontinents zu schützen und zu erhalten.
Der Tag des Indigenen wird jährlich am 19ten April gefeiert. Um die Umsetzung dieser gesetzlich festgehaltenen Ziele aus dem Blickpunkt der indigenen Völker zu betrachten, wurden verschiedene indigene Volksgruppen befragt, wie sie den Tag des Indigenen heutzutage feiern.
Im Folgenden erklären einige Personen der Volksgruppen Ayoreo, Sanapaná, Enlhet und Nivacle, welche Bedeutung sie diesem Tag zuschreiben und was sie an dem Tag des Indigenen machen.
Aquiraoi Picanerai ist der Leiter der Siedlung Campo Loro und gehört der Volksgruppe Ayoreo an. Er erzählt, dass der Tag des Indigenen etwas Neues für die Ayoreos ist. Etwas Neues, da für ihre Vorfahren jeder Tag wie der Andere gewesen sei und sie keinen Unterschied gemacht hätten. Als die Ayoreo dann in Kontakt mit den „Weißen“ kamen, lernten sie auch die verschiedenen Tage und kennen und nahmen diese Zeiteinteilung sowie auch die Feiertage an. Laut Picanerai bereiten die Senioren der Siedlung traditionelle Spiele vor, die am Tag des Indigenen mit den jüngeren Generationen gespielt werden. Sie möchten mit diesen Aktivitäten den Jugendlichen und Kindern die Gebräuche und Traditionen ihrer Kultur vermitteln und mitgeben.
Mateo Sobode hält fest, dass irgendwann die traditionellen Spiele nicht mehr gebräuchlich sein würden, da sie heutzutage nicht mehr gespielt werden. Er meint, dass die Kultur und die Gebräuche derselben nicht mehr so seien wie früher und dass man auch nicht mehr dahin zurückgehen könne. Der Tag des Indigenen würde zwar gefeiert werden, aber nicht mehr mit den traditionellen Spielen und Essen, wie man es früher gemacht habe. Er habe das Empfinden, dass die Jugendlichen heutzutage nichts mehr davon wissen möchten, weshalb es dann auch verloren gehen wird.
In Vertretung der Volksgruppe Sanapaná wurden Venancio González und Praiziño Chaves von der Siedlung La Esperanza befragt.
Venancio González erklärt, dass sie früher den Tag des Indigenen nicht gefeiert haben. Er weist darauf hin, dass sie ihre Feste früher im Dezember gefeiert hätten. Sie feierten nicht den Tag des Indigenen, sondern sie feierten den Jahresabschluss und den Jahresanfang. Dieses Fest wurde nur von den Sanapaná gefeiert. Sie lebten natürlich und kannten nicht das, was man heutzutage zu machen pflegt. Heutzutage feiert man aber den Tag des Indigenen, was ihm fremd vorkommt. Die Jugendlichen heutzutage wachsen auf, lernen und verlieren die Traditionen. Sie geben der indigenen Kultur keine Bedeutung, sie interessieren sich mehr für Sport, das System hat sich geändert.
Früher wurde das Fest nur von der älteren Generation gefeiert, mit Tänzen und traditionellem Essen. Der Tag des Indigenen heute wird mit einer Besinnung, christlichen Liedern, Gedichten und Geschichten von früher gestaltet. Es wird Fleisch an die Familien verteilt, welches jede Familie für sich vorbereitet. Später wird Fußball gespielt. Es wird nur die neue Generation berücksichtigt und die neue Kultur ausgeübt, da sie nützlicher ist.
Praiziño Chaves, auch von La Esperanza, erklärt, dass die Mehrheit der Volksgruppe Sanapaná den Tag mit einem Programm über die Traditionen und mit Essen verbringt. Das Programm wird von dem Siedlungsleiter organisiert, welches jedes Jahr aus einer Besinnung und Geschichten der älteren Leute besteht. Die Jugendlichen messen dem Programm meistens keine Bedeutung zu, da sie sich nicht mehr an ihre Vorfahren erinnern. Sie haben eine neue Denkart, sie sind fortgeschritten und haben Ressourcen, die sie genießen können. Zu der Frage, was die Jugendlichen machen werden, wenn keiner von der älteren Generation, die die Geschichte erlebt hat, da ist, antwortet er, dass sie dann nicht so sehr das in Erinnerung rufen werden, was früher einmal war, sondern was die Alten gemacht haben. Dass sie die ältere Generation ehren werden für die Arbeit, die sie geleistet haben und für die Gelegenheit, die sie ihnen gegeben haben, auf diesem Land zu wohnen.
Alicio Dersen aus der Siedlung Enlhet Yalve Sanga erzählt, dass sie den Tag des Indigenen sehr feiern. Sie geben ihm viel Bedeutung, da es ihr Tag ist. Normalerweise wird er in der Kirche gefeiert und von der Siedlung mit Geschenken für die Spiele unterstützt.
Seit er sich erinnern kann, wurde der 19te April immer gefeiert. Den Kindern und Jugendlichen sei gesagt worden, dass es ein wichtiger Tag sei und das sei so geblieben. Es gäbe kein anderes Datum, sie könnten es nicht vorverlegen und das Fest auch nicht später feiern. Man feiere einfach an diesem Datum, auch wenn es Mitte Woche sei, es werde gefeiert.
Alle würden an diesem Fest teilnehmen: Senioren, Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Bei diesem Event hörten sie Geschichten, die von den Älteren vorbereitet würden, in denen es darum gehe, wie es früher war verglichen mit heute. Er glaube, dass dieses wichtig sei, auch wenn sie den Inhalt nicht mehr anwenden könnten. Normalerweise feierten sie alle zusammen. Jedoch hätten sie im vorigen Jahr pro Dorf gefeiert und nicht als ganze Siedlung, da es der sanitären Maßnahmen halber nicht anders möglich gewesen sei.
Von der Volksgruppe Nivacle erzählen Maria Ramirez und Claudiño Juárez von der Siedlung Nivaclé Unida.
Maria sagt, dass der Tag des Indigenen für sie ein Feiertag und ein Tag zum Feiern ist. Es ist ein Tag zum Feiern, da man aus dem rausgekommen ist, was früher war und dies wird mittels eines Gottesdienstes gefeiert. Heute wird schon nicht mehr wie früher gefeiert, als man noch keine Religion kannte. Sie sagt, dass sie sich wünschte, dass das Fest mehr ein Kulturfest wäre und nicht solch einen starken religiösen Einfluss hätte, dass man durch dieses Fest die Kultur besser kennenlernen könnte. Heutzutage ist es schon nicht mehr interessant, da es immer dieselben Leute und dieselben Geschichten sind. Deshalb gehen die Jugendlichen nicht mehr zu den Festen und interessieren sich auch nicht dafür.
Claudiño Juárez erklärt, dass sie am 19ten April sich die Menschen in Erinnerung rufen, die vorher hier gelebt haben. Man feiert, da man sich an die Vorfahren erinnert, die vom Fluss kamen. Sie waren arm und hatten keine Kleidung und kein Essen. Man feiert mit Spielen und Essen. Die Jugendlichen nehmen an den Spielen und an dem Essen teil. Es ist wichtig den Tag des Indigenen zu feiern, damit die Kinder dieses auch in Zukunft feiern können. Einige übernehmen die Verantwortung, alles aufzuschreiben, was die älteren Menschen sagen, damit man dieses nicht vergisst.
Das Fest wird von den Frauen und den Leitern des Dorfes organisiert, es wird pro Dorf gefeiert und nicht als ganze Siedlung. Das Event wird im Rahmen der Kirche organisiert und der Tag des Indigenen wird immer in der Kirche gefeiert.
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